Kategorie: Politik

Politische Diskussionen, Entscheidungen und Forderungen

Ergebnis des 25. RegioTALK zu Möglichkeiten zur Neugestaltung des Breitenbachplatzes

Ergebnis des 25. RegioTALK zu Möglichkeiten zur Neugestaltung des Breitenbachplatzes

Hinweis: Die Einladung finden Sie hier. Den Foliensatz, den wir auf der Veranstaltung präsentiert haben, können Sie hier herunterladen.

Ich danke dem Team des RIK, das es uns ermöglicht hat, unseren Standpunkt auf der Veranstaltung vorzustellen.

Die Veranstaltung war sehr gut besucht; offenbar herrscht Interesse an dem Thema! Die Hauptredner waren Patrick Steinhoff (Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung in Steglitz-Zehlendorf), Urban Aykal (Bezirksstadtrat für Ordnung, Umwelt- und Naturschutz, Straßen und Grünflächen in Steglitz-Zehlendorf) und Prof. Dr. Andreas Knie (Professor an der Technischen Universität Berlin für Soziologie, Leiter der Forschungsgruppe „Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung). Vertreter des Senats und des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf waren nicht anwesend. Moderiert wurde die Veranstaltung von Juri Effenberg (Chef des Regionalinkubators Südwest).

Beide Vertreter von Steglitz-Zehlendorf sprachen sich klar für eine endgültige Schließung des Tunnels Schlangenbader Straße aus. Zu unserem Erstaunen machte jedoch Urban Aykal sogar den Abriss der Brücke letztlich von der Schließung des Tunnels abhängig, weil sonst “Chaos am Platz herrschen würde”. Das steht im Widerspruch zu den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie, die für den Platz selbst auch bei offenem Tunnel nur handhabbare Verkehrsmengen vorhersagte (die plötzliche Schließung des Tunnels war zu dem Zeitpunkt ja noch gar nicht abzusehen). Seinen Aussagen “Eine Sanierung und Wiedereröffnung des Tunnels wie in bisheriger Form wäre aus meiner Sicht katastrophal” und “Bei der Neugestaltung des Breitenbachplatzes, einem Filetstück Westberlins, sollte die Verkehrsberuhigung und eine deutlich bessere Aufenthaltsqualität Priorität haben” schließen wir uns aber klar an.

Interessant war auch die Aussage von Patrick Steinhoff “Fließt der Verkehr wieder wie vor anderthalb Jahren durch die Schildhornstraße, ist aufgrund der hohen Emissionswerte aus rechtlichen Gründen kein Wohnen möglich”. Das bezog sich zwar nur auf die Errichtung neuer Wohnhäuser, zeigt aber unseres Erachtens deutlich, welchen Belastungen die Anwohner der Schildhornstraße bisher schon ausgesetzt waren – ein Thema, das bei den Planungen der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt bisher keine Rolle zu spielen scheint (ich erinnere an die Informationsveranstaltung am 27.2.2024, wo diese Anwohner mit keinem Wort erwähnt wurden).

Für mich wie offenbar auch für viele andere Anwesende waren der Vortrag und die weiteren Aussagen vom Prof. Dr. Knie besonders wichtig, weil sie zeigte, wie sehr die bisherigen Planungen von den Visionen derjenigen abweichen, die sich fachlich mit dem Thema intensiv und wissenschaftlich beschäftigen. Ein Zitat:

Ich möchte den Anwohnern Mut machen. Die Stadt hat sich verändert, fast 40 Prozent der Menschen gehen nicht mehr von Montag bis Freitag ins Büro – vielmehr sind sie orts- und zeitflexibel geworden. Die Stadt der Zukunft wird keinen Platz mehr für privat abgestellte Fahrzeuge auf öffentlichem Raum haben. All das wirkt sich auf den Verkehr aus. […] Die Entwicklung um den Breitenbachplatz kann ein Symbol für die Transformation der heutigen Gesellschaft werden.

Das macht Mut und es zeigt, dass die Visionen der verschiedenen Universitätsprojekte, die sich mit dem Breitenbachplatz beschäftigt haben, gar nicht so weit von einer umsetzbaren Planung entfernt sein müssen. Das brachte sehr viel sehr nötigen frischen Wind in die Diskussion. Es ist ja wahr: Je konkreter eine Planung wird, desto mehr neigt man dazu, sich von den scheinbar unumstößlichen Fakten und von momentanen, kurzfristigen Problemen einschüchtern zu lassen. Hier wird aber für die nächsten 50 bis 80 Jahre gedacht und geplant! Von diesen Planungen werden vor allem Menschen betroffen sein, die heute noch zur Schule gehen oder studieren, und wir wissen, dass ihre Ansichten und Bedürfnisse schon heute einem anderen Weltbild folgen, als wir älteren Generationen es gewohnt sind. Wir fordern diese Generationen auf, sich in die Diskussion einzumischen und ihre Vorstellungen deutlich zu äußern. Beteiligt euch! Die Mittel und Instrumente dazu sind vorhanden, und sie sind besser denn je.

In seinem Schlusswort sagte Juri Effenberg “Ich habe die Hoffnung, dass wir gemeinsam die Stadt der Zukunft planen können und am Ende einen schönen Breitenbachplatz haben werden”. Dem schließen wir uns natürlich an. Wir sehen aber auch, dass dafür noch große Anstrengungen nötig sein werden. Wir hoffen auf eine dauerhafte und lautstarke Beteiligung vor allem derjenigen, die in Zukunft am Breitenbachplatz und seiner Umgebung leben werden. Es ist ihr Quartier, dessen Zukunft hier geplant wird! Wir sollten das nicht denen überlassen, die vor allem den aktuellen Zustand im Auge haben – teils, weil es ihr rechtlicher Auftrag ist, aber in großen Teilen auch, weil sie sich noch immer nicht vom Stadtmodell der 1970er Jahre verabschieden können.

v. l. n. r: Juri Effenberg, Urban Aykal, Patrick Steinhoff, Prof. Knie
Prof. Dr. Knie

Alle Bilder Copyright Christian Schneider, RIK.

Anfrage zur Tunnelsanierung

Anfrage zur Tunnelsanierung

Antje Kapek (Grüne) hat am 4. Dezember 2023 in einer schriftlichen Anfrage beim Senat nach Einzelheiten zur geplanten Sanierung es Tunnels Schlangenbader Straße gefragt. Die Antwort gab am 18.12.2023 Dr. Claudia Elif Stutz von der Senatsverwaltung für
Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Diese Antwort ist jetzt auf der Website des Berliner Parlaments zum Download verfügbar (Drucksache 19 / 17 530).

Kommentar:

  • Zunächst der für uns wichtigste Satz:Der Rückbau der beiden Brücken über den Breitenbachplatz soll Ende 2024 abgeschlossen sein.“: Das entspricht den bisherigen Aussagen und freut uns sehr.
  • Bezüglich des Tunnels verweist die Antwort wieder auf Untersuchungen, ohne dass deren konkrete Ergebnisse bekanntgegeben werden (“Dabei wurden im Ergebnis die – für den Fall einer Tunnelschließung – in der Machbarkeitsuntersuchung Breitenbachplatz herausgearbeiteten negativen Auswirkungen auf das umgebende Straßennetz bestätigt. Im direkten Tunnelumfeld sind diese sogar stärker, als seinerzeit angenommen.“). Die einzig konkreten Angaben, die bisher veröffentlicht wurden, sind Steigerungen der Fahrzeugzahlen in der Mecklenburgischen und Wiesbadener Straße um 82% bzw. 119%, jeweils ohne Nennung der Vergleichsbasis und ohne Erwähnung der anderen Baumaßnahmen im weiteren Umfeld (Detmolder Straße, bis Oktober 2023 auch Pacelliallee), die diese Zahlen evtl. beeinflussen könnten.
    Wir warten weiterhin auf aussagekräftige Zahlen, die eine immer wieder behauptete Überlastung belegen (siehe auch unseren Beitrag vom 15.12.2023). Eine Steigerung der Fahrzeugzahlen ist nicht automatisch eine Überlastung, und die Steigerung des Verkehrs in den Hauptstraßen spräche doch eigentlich eher dafür, dass die Umleitungen funktionieren – woher kommt dann aber die behauptete Verkehrsverlagerung in die Nebenstraßen? Wir können die verschiedenen Aussagen noch nicht in einen klaren Zusammenhang bringen.
  • Die Sanierung der konstruktiven und technischen Anlagen kann in Abhängigkeit vom Verlauf der vorbereitenden Maßnahmen ab 2026 beginnen. […] Es ist von einer Bauzeit von ca. 4 Jahren […] auszugehen.“: Eine Wiedereröffnung des Tunnels ist also frühestens für 2029 oder 2030 zu erwarten.
  • Auf Grundlage der nur bedingt vorliegenden Bewertungsgrundlagen können die Gesamtkosten derzeit noch nicht abschließend benannt werden.“: Das ist selbstverständlich, wurde aber bisher nicht so klar ausgesprochen. Die immer wieder genannten 32,3 Mio Euro werden also evtl über- oder unterschritten (welche der beiden Möglichkeiten angesichts der ca. 6–7-jährigen Planungs- und Bauzeit wahrscheinlicher ist, möge jeder selbst einschätzen).
  • Wir sind also weiterhin enttäuscht. Wer bei der aktuellen Haushaltslage derartige Summen ausgeben will, sollte das besser begründen, als der Senat das bisher getan hat. Wir fordern also, dass die Zahlen vervollständigt und genau erläutert werden, damit überhaupt eine informierte Meinungsbildung möglich wird.
    Nachtrag: Siehe einen Bericht des “Tagesspiegel” vom 4.7.2024.
SPD bekräftigt Abriss der Breitenbachplatzbrücke

SPD bekräftigt Abriss der Breitenbachplatzbrücke

Der SPD-Landesparteitag am 26. Oktober (SPD-Website) will den Abriss der Breitenbachplatzbrücke bekräftigen und ihn als Modellfall für den Abschied von der autogerechten Stadt definieren. Außerdem wird vorgeschlagen, auf den frei werdenden Flächen Studierendenwohnungen zu errichten. Grundlage sind gleichlautende Anträge aus Zehlendorf und Wilmersdorf. 

Ein weiterer Antrag fordert, die Künstlerkolonie in kommunalen Besitz zu überführen (SPD-Website).

Nachtrag 2019-10-27: Ergebnis des Antrags

Parteienkonsens: Die Brücke muss weg

Parteienkonsens: Die Brücke muss weg

Anwohnerversammlung unserer Initiative ein großer Erfolg

Ein bemerkenswerter Erfolg war die erste Anwohnerversammlung, zu der die Bürgerinitiative Breitenbachplatz in den Saal der Gemeinde Christi am Breitenbachplatz (am 18. September 2018) eingeladen hatte. Fast 80 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, dazu waren die örtlichen Parteien vertreten. Zunächst erläuterte der Gründer und Leiter der Initiative, Ulrich Rosenbaum, die Positionen und Ziele, die sich die Akteure in den letzten sieben Jahren erarbeitet haben. Dabei geht es zentral um die Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf dem Platz, der einer besseren Gestaltung bedarf, den zunehmenden Leerstand von Geschäftsräumen, vor allem aber verkehrspolitische Maßnahmen wie Tempo 30 und die Markierung eines Radstreifens, gehört doch der Platz zur Fahrradmagistrale 1 der Senatsplanung. Zielvorstellung der Initiative ist der Abriss der Brücke, die den Platz teilt und in seinem Gesamteindruck zerstört hat.

In der ersten Diskussionsrunde nahmen die Parteienvertreter aus Steglitz-Zehlendorf und Wilmersdorf dazu Stellung. Bernd Steinhoff von den Steglitzer Grünen meinte, die Initiative müsse das Thema Brückenabriss gar nicht so zurückhaltend ansprechen. Zum großen Erstaunen der Anwesenden sprachen sich alle Parteienvertreter ausnahmslos für den Brückenabriss aus. Sabine Lehmann-Brauns, CDU-Bezirksverordnete, wies darauf hin, das schon in den 70er Jahren ihre Partei gegen die Brücke gewesen sei und die Junge Union damals entsprechende Aktionen gestartet habe. Damals übrigens unisono mit den Wilmersdorfer Jusos. Hundertprozentig hinter die Forderungen der Initiative stellte sich auch die FDP, die unter anderem mit dem Abgeordnetenhausmitglied Thomas Seerig vertreten war. Namens der SPD unterstützte der Wilmersdorfer Abgeordnete Florian Dörstelmann auch im Namen seiner südlichen Nachbarkollegen Andreas Kugler und Ina Czyborra deutlich die Forderungen. Die Linke konnte nicht kommen, solidarisierte aber schon vorher mit den Zielen der Initiative.

In der Diskussion, die aus dem Team der Initiative der Schauspieler Oliver Kraatz leitete, gab es auch Bedenken gegen den Abriss der Brücke. „Wohin mit dem Verkehr?“ lautete die häufigste Frage. Eine mögliche Antwort ergab sich aus einem Brief von Verkehrs-Staatssekretär Stefan Tiedow an die Initiative: Wegen Sanierungsarbeiten muss der Tunnel Schlangenbader Straße demnächst gesperrt werden; an einem Verkehrskonzept für diese Zeit werde gearbeitet, und es könnte ein Fingerzeig für einen Platz ohne Brücke sein. Der ehemalige Senatsbaudirektor Dr. Hans Stimmann sprach sich für eine Radikallösung aus: Den gesamten Abzweig Schmargendorf stilllegen. Der überörtliche Verkehr würde dann auf der A 100 bleiben, der örtliche sich auf die vorhandenen Straßen verteilen. Stimmann: „Diesen Autobahnabzweig hätte es nie gegeben, wenn nicht Willy Brandt, den ich sonst sehr verehre, als Regierender Bürgermeister aus New York mit der Botschaft zurückgekommen wäre, dort gebe es phantastische Schnellstraßen, die wolle er auch haben.“ Erst 1979 stoppte Bausenator Harry Ristock die Gigantomanie – da war der Breitenbachplatz schon zerstört.

In der ruhig sachlichen Diskussion gab es viele Anregungen und Wünsche, die die Politiker mitnehmen konnten. Die CDU und die Grünen planen für die nächsten Wochen Ortsbegehungen u.a. mit Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski, und die SPD will die Bürgerinitiative in ihr Büro am Rüdesheimer Platz zum Gespräch einladen. Die SPD Steglitz macht den Breitenbachplatz schon im Oktober zum Thema einer Mitgliederversammlung.

Matthias Reich, Vorsitzender der benachbarten Bürgerinitiative Wilmersdorfer Mitte schrieb im Anschluss an seine Mitglieder: „Wir waren überrascht und erstaunt, wie ruhig und diszipliniert alles ablief, wie gut es organisiert war und moderiert wurde, dass durch die Bank ALLE Parteienvertreter (CDU, SPD, FDP, GRÜNE, LINKE), ob aus Charlottenburg-Wilmersdorf oder Steglitz-Zehlendorf, den Abriss begrüßten. Und dass es bei den Wortmeldungen nur wenig ‚Kleingeister’ gab.“