Ein Showdown der angenehmen Art war der Pressetermin von Bettina Jarasch am 29.12.2022 um 12 h auf dem Breitenbachplatz.
In unserem letzten Beitrag hatte ich mich noch etwas skeptisch geäußert, ob die Auswertung der Machbarkeitsstudie wirklich, wie versprochen, noch in diesem Jahr stattfinden würde. Ich freue mich zu berichten, dass diese Skepsis unbegründet war: Frau Jarasch hat kurzfristig zu einem Pressetermin am 29.12.2022 Punkt 12 h auf dem Breitenbachplatz eingeladen, bei dem es richtig konkret wurde – wir haben erstmalig einen möglichen Termin für den Abriss der Brücke!
Anwesend waren neben den Pressevertretern und Frau Jarasch auch Jan Thomsen, Pressesprecher der SenUMVK, Lutz Adam und Norman Niehoff als Fachleute (H. Adam leitet die Abt. V Tiefbau, H. Niehoff ist Referatsleiter IV B Planung und Gestaltung von Straßen und Plätzen) sowie die zuständigen Stadträte der Bezirke Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Nach einem Überblick über den Inhalt der Studie wurden den anwesenden Pressevertretern die möglichen Alternativen gemäß Studie vorgestellt: Die sog. „Variante 1“, Abriss der Brücke und Weiterbetrieb des Tunnels, und „Variante 3“, Abriss der Brücke und Schließung des Tunnels. Eine dritte Variante wird nicht mehr betrachtet. Die erste klare Aussage ist also: Egal was sonst noch kommt, die Brücke wird tatsächlich abgerissen.
H. Adam, in dessen Aufgabengebiet auch alle Brücken und Tunnel fallen, hat das noch einmal fachlich begründet. Die Sichtprüfung der Brücke ergibt einen Zustand von 2,6 bis 2,9 – ab 3 gilt der Zustand als „schlecht“. Viel wichtiger ist aber das Ergebnis einer Tiefenprüfung der Bausubstanz, z. B. der Spannelemente im Beton. Hier erreicht die Brücke einen Wert von 5, also den schlechtest möglichen – „Grundsanierung oder Neubau erforderlich“. Die Brücke müsste demzufolge innerhalb der nächsten 4 bis 8 Jahre abgerissen und neu gebaut werden, weil eine Sanierung wegen Konstruktionsmängeln und beginnender tiefsitzender Schäden nicht möglich ist.
Und das Wort „Abriss“ ist fachlich falsch – es handelt sich um einen Rückbau. Das ist kein gehobenes Modewort für „abreißen“; die Spannbeton-Bauweise erfordert tatsächlich eine ingenieurmäßige Planung für das stückweise Entfernen der Brücke, damit der Abbau der Vorspannung auch kontrolliert vonstatten geht. Zu den Bausünden der damaligen Zeit gehört eben auch, keinen Plan für einen eventuellen Abriss mitgeliefert zu haben. Man muss mit einer Rückbauzeit von 12 bis 18 Monaten und Kosten in einer Größenordnung von 10 bis 20 Mio Euro rechnen.
Und hier wird es spannend: Es gibt jetzt die Zusage, dass mit der Beantragung der Mittel für den Rückbau und der Planung im ersten Quartal 2023 begonnen wird. Falls die Mittel zügig genehmigt werden, könnte der Abriss bereits im Jahr 2024 beginnen! Da sind noch etliche „wenns“ dazwischen, aber davon lassen wir uns die Freude nicht verderben.
Der baldige Abriss wird auch dadurch möglich, dass das Schicksal des Tunnels unter der „Schlange“ parallel als separate Planung geführt wird. Beide Projekte müssen weder unbedingt gemeinsam anfangen noch gemeinsam beendet werden. Denn auch der Tunnel hat Probleme, die nicht harmlos sind: Wie bereits auf dieser Website berichtet, ist eine Grundsanierung erforderlich, unter anderem aus Brandschutz- und anderen sicherheitsrelevanten Gründen. Diese Sanierung würde ebenfalls Kosten im zweistelligen Millionenbereich und eine Vollsperrung des Tunnels für 2-3 Jahre mit sich bringen. Auch hier stellt sich also die Frage, ob das Verkehrsaufkommen diese Sanierung rechtfertigt oder ob eine endgültige Schließung des Tunnels nicht die wirtschaftlichste Lösung ist.
H. Niehoff stellte die verkehrstechnischen Auswirkungen des Brückenrückbaus und einer möglichen Tunnelschließung vor. Der Abriss der Brücke würde laut Simulation zu einer Verringerung der Fahrzeugzahl um ca. 25% führen; diese Menge wäre mit einer in jeder Richtung 2-spurigen Schildhornstraße genau so zu bewältigen, wie die Schildhornstraße dies auch schon heute tut. Das ist auch durch die Erfahrungen belegt, die man bei bisherigen Brückensperrungen gemacht hat (z. B. vor einigen Jahren zur Erneuerung des Fahrbahnbelages). Für eine mögliche Tunnelschließung ist die Neuverteilung des Verkehrs schwieriger zu berechnen, aber auch hier liegen Erfahrungen aus früheren Sanierungen vor; wahrscheinlich würde es in diesem Fall wegen des deutlich reduzierten Verkehrsaufkommens genügen, die Schildhornstraße einspurig zu betreiben. Und auch hier liegen die Tatsachen so, dass man um das „Experiment“ der Vollsperrung in keinem Fall herum kommt, weil für den Tunnel bautechnisch nur die Alternative zwischen jahrelanger Sanierung und einer Schließung besteht.
Alles in allem ergibt sich daraus, dass durch einen Rückbau der Brücke keine verkehrstechnischen Probleme zu erwarten sind.
Für uns war dieser Pressetermin pünktlich zu Silvester ein echter „Knaller“. Es sieht aus, als ob die Erfüllung unserer Forderung „Die Brücke muss weg!“ in greifbare Nähe rückt. In unserem kleinen Rahmen ist das ein gutes Ende für ein Jahr, das ansonsten nicht viel Erfreuliches gebracht hat.
Informationen der SenUMVK:
- Presseinformation (Website)
- Pressemitteilung (PDF)
- Präsentation (PDF 3,3 MB)
Pressestimmen (alphabetisch sortiert):
- Berliner Morgenpost
- BZ
- Der Tagesspiegel: Bericht, Kommentar
- taz
One thought on “High Noon: Der Beginn der Machbarkeit”
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