Der Abriss beginnt!

Die Informationsveranstaltung

Auf der Informationsveranstaltung der Senatsverwaltung am 10.12.2024 wurde der Zeitplan für den Rückbau der Brücke und die Sanierung des Tunnels Schlangenbader Straße vorgestellt. Im Gegensatz zur Veranstaltung im Februar 2024, als man wohl von dem starken Interesse überrascht war, reichte dieses Mal der Platz im Hörsaal A des Henry-Ford-Baus der FU Berlin gut aus.

Die Veranstaltung hatte 3 Hauptteile: Informationen zum Rückbau der Brücke, Informationen zur Sanierung des Tunnels Schlangenbader Straße und großzügig bemessene Zeit für Fragen aus dem Publikum. Moderiert hat Arne Huhn, Bereichsleiter Brücken- und Ingenieurbau in der Senatsverwaltung MVUK, anwesend waren außerdem Falk Meyer und Sophie Bahn als Fachbereichsleiter bzw. Projektleiterin für den Rückbau der Brücken und Dennis Kohllöffel als Fachbereichsleiter für die Grundinstandsetzung des Tunnels. Die Veranstaltung war informativ und verlief durchweg sehr sachlich.

Weitere Informationen zum Brückenabriss finden Sie auf berlin.de. Den Foliensatz der Veranstaltung können Sie hier herunterladen (berlin.de). Wir werden diesen Beitrag jeweils aktualisieren, sobald wir neue Informationen erhalten.

Rückbau der Brücke

Nach heutigen Stand werden, wie bekannt, ausschließlich die Brückenkästen abgerissen; der Auftrag wurde am 24.9.2024 erteilt und das Baufeld Mitte November von den Bezirken an den Auftragnehmer übergeben. Der eigentliche Rückbau der Brückenkästen soll im 2. Quartal 2025 beginnen und Ende 2026 abgeschlossen sein.
Es gibt nach wie vor keine politische Entscheidung darüber, ob die Rampen an der Paulsenstraße und die Pfeiler ebenfalls abgerissen werden dürfen. Daher wurde dieser Teil auch planerisch von Abriss der Brückenkästen abgekoppelt, weil sich der Rückbau ansonsten um etwa 1 Jahr verzögert hätte. Die Projektleitung geht aber offenbar davon aus, dass diese Entscheidung noch rechtzeitig fällt, um auch diesen Abriss im Rahmen des Projektes mindestens zu beginnen. Technisch ist dieser Teil zum Glück sehr viel einfacher zu bewerkstelligen als der Rückbau der Brückenkästen, was zumindest einen relativ kurzen Planungsvorlauf ermöglichen sollte.

Die Brückenkästen (je 1 für die nördliche und südliche Fahrbahn) werden in je 18 Teilen abgerissen, die in je 6 Abschnitte zusammengefasst werden. Je nach Abschnitt kommen dabei unterschiedliche Abbruchverfahren zu Einsatz; genannt wurden das Pressschneiden mit Großgeräten (“Bagger” in der Größenordnung 100t) und Sägen mittels diamantbeschichteter Stahlseile. Alle Verfahren (siehe dazu auch Wikipedia und ein Vorlesungsskript der Universität Weimar) wurde in Hinblick auf minimale Lärm- und Staubentwicklung sowie auf minimale Erschütterungen ausgewählt. Ersteres dient den Anwohnern (und den Bauarbeitern), letzteres schont vor allem den U-Bahnhof und die anderen umliegenden Gebäude. Gearbeitet wird normalerweise von Montag bis Freitag. Das Projektteam hat zugesagt, sich als “lästiger, aber ansprechbarer und verantwortungsvoller Partner” der Anwohner zu zeigen.
Anmerkung des Verfassers: Grob gesagt kann man sich das Pressschneiden vorstellen, als ob man den Beton mit einer gewaltigen hydraulischen Beißzange oder einem Seitenschneider “wegknabbert”. Im Vergleich mit Pressluft- und Hydraulikmeißeln ist das sehr leise und verursacht weit weniger Staub.

Für umliegende Häuser und die U-Bahn werden vorab Begehungen zur Bestandsaufnahme des Zustandes durchgeführt und bei Bedarf Sensoren montiert, die Veränderungen an den Bauwerken anzeigen. Dies ist vor allem für die U-Bahn wichtig, denn es soll möglichst keine Verkehrseinschränkungen geben. Der Busverkehr wird zwangsläufig die eine oder andere Einschränkung erleben, sie sollen aber auf jeweils wenige Stunden bis wenige Tage begrenzt bleiben. Die Projektleitung steht auch mit der Fa. Kunert Autoservice in direktem Kontakt, deren Betriebsgelände unter der Brücke liegt. Sie wird voraussichtlich ca. 3 Monate schließen müssen, wird aber danach den Betrieb an der gleichen Stelle wieder aufnehmen.

Quelle: Folie aus der Info-Veranstaltung 2024-12-10. Hinweis: Die orange Linie zeigt den Verlauf der Bezirksgrenze.

Und was kommt danach? Vor wenigen Wochen haben sich erstmalig die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Vertreter der Bezirksämter Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf zusammengesetzt, um über die Zukunft des Platzes zu beraten. Ein weiteres Gespräch soll Anfang 2025 stattfinden.
Anmerkung des Verfassers: Das freut uns! Siehe dazu unsere Meinung weiter unten.

Sanierung des Tunnels

Sie soll in 7 Schritten vonstatten gehen. In den ersten beiden Schritten geht es nur um die Entfernung von Schadstoffen und eine bauliche Grundsanierung; beides ist nach unserem Verständnis in jedem Fall nötig, egal, ob der Tunnel wieder für den Verkehr in Betrieb genommen wird oder nicht. Dies wird mindestens das Jahr 2025 in Anspruch nehmen.
In den weiteren Schritten wird ab 2026 neue betriebs- und verkehrstechnische Ausrüstung eingebaut, die Fahrbahn saniert, Signalbrücken installiert und ein Anschluss zur Tunnelregelungszentrale in Tempelhof geschaffen. Damit will man laut aktueller Planung 2028 fertig sein. Diese Maßnahmen könnten nach unserem Verständnis ganz oder teilweise entfallen, falls man den Tunnel nicht wieder für den Straßenverkehr öffnet.

Anmerkung des Verfassers: Nach wie vor gibt es keine öffentlich einsehbare Studie, die die verkehrstechnische Notwendigkeit des Tunnels belegt. Mehr dazu siehe unter “Meinung” weiter unten.

Der aktuelle Stand

Um den Breitenbachplatz herum kann man inzwischen sehen, dass der Rückbau tatsächlich in Gang kommt. Fast täglich kommen neue Absperrungen und Fahrbahnmarkierungen für den Baustellenverkehr hinzu. Eine Informationstafel auf der Ecke Kreuznacher Str./Südwestkorso steht inzwischen ebenfalls. Es geht tatsächlich los!

Unsere Meinung

Soweit die Fakten. Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, wie weit die Projektpläne aufgehen; was den Rückbau der Brücke angeht, sind wir da recht zuversichtlich. Daneben liegt unseres Erachtens jetzt die große Aufgabe darin, Entscheidungen über die Zukunft des Platzes zu treffen. Dass sich jetzt Stadtplanung und Bezirke zusammensetzen, um darüber zu beraten, ist erfreulich, aber längst überfällig. Während Universitäten von Bordeaux bis Warschau ihre Studenten seit Jahren über die Gestaltung des Platzes nachdenken lassen, stellte sich der Senator für Stadtentwicklung bis vor kurzem auf den Standpunkt, das ginge ihn relativ wenig an und wäre Sache der Bezirke. Im In- und Ausland sieht man diese Neugestaltung als eines der interessanten Projekte für den Rückbau einer autogerechten zur menschengerechten Stadt an … aber aus der Nähe sieht man ja große Projekte manchmal weniger klar als aus der Entfernung. Und, das muss man fairerweise sagen, es ist im Detail immer schwieriger, als es von weitem aussieht. Was wir nicht verstanden haben, war das komplette Desinteresse des Senats, obwohl die Bezirke seit langem darauf drängen, eine gemeinsame Planung zusammen mit dem Land Berlin zu beginnen. Das scheint jetzt in Gang zu kommen, und wir hoffen, dass dieser Prozess nun erheblich an Tempo gewinnt und dass die Öffentlichkeit von Anfang an eingebunden wird.

Was den Tunnel angeht … sehen wir weniger klar. Er war nie der Schwerpunkt unserer Arbeit, und deshalb haben wir uns zu den verschiedenen Optionen nie ohne Vorbehalt positioniert. Was uns allerdings Sorgen macht, ist die Art, wie die politischen Entscheidungen zu diesem Thema getroffen werden. Während es beim Brückenabriss – trotz Machbarkeitsstudie mit eindeutigem Ergebnis – immer noch Stimmen gibt, die weitere Studien verlangen und nicht einmal den Wiederaufbau einer Brücke ausschließen wollen, will man sich als Begründung für die Tunnelsanierung mit 2 Prozentzahlen aus einer einzigen Verkehrszählung zufrieden geben; in der Veranstaltung kam wieder die Aussage “die Notwendigkeit für die Sanierung ist belegt”, aber es wurde nicht gesagt, wodurch. Zur Erinnerung: wir reden in einer Stadt, die praktisch pleite ist, von Kosten von mind. 41 Mio für ein Projekt, dessen Notwendigkeit nicht nachgewiesen ist! Nicht einmal die absoluten Zahlen der Verkehrszählung will man den Abgeordneten nennen – der Tagesspiegel nannte das “Verweigerung”, und anders können wir das auch nicht nennen. Dabei hat selbst die zuständige Senatorin einmal gesagt, es wären weitere Studien notwendig! Bedenklich ist auch, dass immer mit den Zahlen in zwei Hauptstraßen (Wiesbadener und Mecklenburgische) argumentiert wird, von denen mindestens die Mecklenburgische rechnerisch weit höhere Verkehrslasten tragen kann, als sie es heute tut. Das entscheidende Kriterium für fließenden Stadtverkehr ist aber gar nicht die Zahl der Spuren auf den Straßen, sondern es sind die Kreuzungen! Bereits die Machbarkeitsstudie zum Brückenabriss hat darauf hingewiesen und auch die Kreuzung Wiesbadener Straße/Südwestkorso/ Laubacher Str. als Hauptproblem identifiziert (was Anwohner kaum überraschen wird). Von Kreuzungen ist bei den Äußerungen des Senats aber bisher nie die Rede gewesen, und es wurden dafür auch keine Zahlen genannt. Unser Eindruck ist, als ob man hier auf Teufel komm raus ein Wahlversprechen einlösen will.
Für die Verkehrssituation in den umliegenden Wohngebieten scheint es Lösungen zu geben, zumindest hören wir hier immer mal wieder, dass diese oder jene Maßnahme (zuletzt das Linksabbiegeverbot vom Südwestkorso in die Johannisberger Str.) die Situation verbessert hat. Da wäre offenbar noch einiges an Feinsteuerung möglich, nicht zuletzt durch Überwachung der bestehenden Regelungen, die von uneinsichtigen Fahrern immer noch gerne ignoriert werden. Die gestiegenen Unfallzahlen zeigen, dass weitere Anpassungen der Verkehrsführung geben muss. Auch wenn sie anscheinend einer kleinen Zahl von vollkommen rücksichtslosen Fahrern geschuldet sind und weniger einem prinzipiellen Kapazitätsproblem, diese Probleme müssen gelöst werden! Der Tunnel wird mindestens 4 weitere Jahre geschlossen bleiben, das kann man nicht einfach aussitzen.

Zum Schluss wollen wir noch die Dimension der Entscheidungen ansprechen: Wir reden hier von Änderungen, die das Bild dieses Viertels für mindestens ein halbes Jahrhundert bestimmen werden, genau wie es die Entscheidungen der 1960er und 1970er Jahre getan haben. Das bedeutet, man entscheidet heute nicht für uns, sondern vor allem für zukünftige Generationen. Wir haben nicht den Eindruck, als ob sich alle Beteiligten – Politiker, Stadtplaner und Anwohner – dieser Tragweite bewusst sind; allzu oft hören wir Begründungen, die nicht weit über den Horizont des eigenen Schreibtischs, des eigenen Balkons oder des nächsten Wahltermins hinausgehen. Unsere Art zu leben, zu wohnen und uns zu bewegen wird sich aber durch Entwicklungen jenseits unseres eigenen, persönlichen Einflusses im Laufe der nächsten wenigen Jahrzehnte deutlich verändern – egal, ob wir das wollen oder nicht. Wir bitten daher alle, die sich zu den Bauvorhaben und den Umgestaltungsmaßnahmen äußern und darüber zu entscheiden haben, auch einmal über den größeren Rahmen nachzudenken, in dem sich die Entwicklung unserer Stadt abspielt.

Und schließlich: Wenn nichts Überraschendes geschieht, wird dies wohl unser letzter Beitrag im Jahr 2024 sein. Wir wünschen Ihnen frohe Festtage und einen guten Start in das Jahr 2025!