Genau 99 Jahre ist es her, dass im Zuge der „Wilmersdorfer Untergrundbahn“ – heute U3 – der Bahnhof Breitenbachplatz eröffnet wurde und gleichzeitig der Platz seinen heutigen Namen erhielt. Jahrzehnte galt er als einer der schönsten Plätze Berlins, hier ging man einkaufen und essen oder hörte Jazz in der Ur-„Eierschale“.
Und heute? Es gibt immer noch Geschäfte und Gastronomie. Aber der Platz ist auseinander gerissen, seit vor 35 Jahren eine Autobahnbrücke über den nördlichen Teil gebaut wurde. Schon damals ein Schildbürgerstreich, denn man ließ die Autobahn kurz hinter dem Platz enden, weil inzwischen die Planung der Schnellstraße in Richtungen Osten zu Gunsten der heutigen A 100 verändert worden war. Aber es ging auch um das Vorzeigeprojekt Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße, ein Wohnkomplex für 5.500 Menschen, untertunnelt von der Autobahn. In der SPD waren viele dagegen, aber das Projekt war nicht zu stoppen.
Und nun müssen die Menschen rund um den Platz damit leben. Oder doch nicht? „Die Brücke muss weg, der Platz wieder zum Platz werden“, fordern die Bürger. Warum nicht?, sagte die SPD, und alle drei Partei-Abteilungen, die an den Platz angrenzen – Wilmersdorf-Süd, Steglitz-Mitte und Dahlem – luden am 18. August zu einem kleinen Fest auf dem Platz. Es gab Kaffee und Kuchen, eine Hüpfburg für die Kinder und viele Informationen und Gespräche. Die Bundestagsabgeordnete Petra Merkel war da, die Abgeordneten Ina Czyborra und Andreas Kugler, und dann kam der mit Spannung erwartete Bau- und Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler. Würde er einen „Rückbau“ der Brücke für eine Schnapsidee halten? Weit gefehlt. Auch er hatte schon darüber nachgedacht und seine Beamten mit der Prüfung beantragt. Drei bis vier Millionen Euro würde der Abriss kosten, berichtete er. Sicher nicht zu viel, um die Lebensqualität vieler Anwohner zu verbessern. Es wäre auch ein Symbol: Der endgültige Abschied von der „autogerechten Stadt“.
Dutzende von Bürgern kamen, um über die Zukunft des Platzes zu diskutieren. Jeder konnte seine Ideen aufschreiben und anpinnen. Auch die Kiez-Initiative Steglitz, die sich um die Verkehrsberuhigung zwischen Schildorn- und Grunewaldstraße kümmert, war vertreten. Die Domäne Dahlem bot frisches Gemüse an, um daran zu erinnern, dass, wo heute der Breitenbachplatz ist, vor 110 Jahren Äcker der Domäne waren. Der Verkehrsclub Deutschland bekannte sich zu den Forderungen der Bürger wie übrigens neben der SPD auch die FDP.
Klar wurde: Unabhängig von einem Brückenabriss gibt es viel zu tun am Breitenbachplatz. Man könnte mit Tempo 30 und markierten Seitenzugängen rund um den Platz beginnen, und der Spielplatz ist zwar neu aber hässlich und vom Verkehr umtobt.
Eines haben sich alle geschworen: Nächstes Jahr, wenn der Platz 100 Jahre alt wird, wird wieder gefeiert und debattiert. Fotos finden Sie hier.